Foto-Journalismus / Editorial | Preisträger
Christian Werner
Boitzum/Deutschland www.werner-photography.com
74.
Konzept
Das Jesidentum ist eine der ältesten Religionen der Welt. Gegen ihre Anhänger, die Jesiden, wurden im Lauf ihrer langen Geschichte insgesamt 74 Genozide begangen - der jüngste und systematischste durch die IS-Terrormiliz.
Die Jesiden werden von der IS stärker verfolgt als andere Religionsgruppen, da sie als Teufelsanbeter gelten. Dieser Irrtum ist dadurch entstanden, dass Jesiden den Melek Taus verehren, einen bei Gott in Ungnade gefallenen Engel, der die Gestalt eines blauen Pfaus hat.
Seit der Invasion der IS-Terrormiliz im Irak wurden Hunderttausende Jesiden vertrieben und befinden sich nun auf der Flucht. Tausende Jungen und Männer wurden erschossen oder geköpft, Frauen entführt und als Sexsklavinnen versteigert. Unter widrigsten Umständen haben sie Notunterkünfte errichtet, die gerade genug Platz für sie bieten. Nur wenige haben es bis in die Flüchtlingslager geschafft, die von Hilfsorganisationen errichtet wurden. Die meisten Jesiden leben in den Rohbauten unfertiger Häuser, in improvisierten Zelten aus Ästen und Planen oder einfach auf der Straße.
Diese Menschen hatten keine Chance, sich auf ihre Flucht vorzubereiten, und konnten häufig nicht einmal das Nötigste mitnehmen. Inzwischen ist der Winter in Kurdistan eingebrochen und zerrt an den Kräften der Flüchtlinge, die weder Winterkleidung noch Decken haben, um sich vor der Kälte zu schützen.
Anfang des Jahres waren 10.000 Jesiden im Sindschar-Gebirge von IS-Milizen eingekesselt. Über vier Monate lang kämpften sie mit wenig Nahrung, Munition und Waffen ums Überleben, bis die kurdischen Peschmerga einen Landkorridor für sie freikämpften.
Mit meinem Projekt möchte ich den Fokus der Öffentlichkeit auf die Lage der Jesiden lenken, die zu den Hauptopfern dieses Konfliktes zählen. Dabei decke ich ein breites Themenspektrum ab: die aktuelle Lebenssituation der Jesiden, die Verzweiflung der Eingekesselten, der Kampf ums Überleben, der Krieg mit all seinen Schrecken, die Religion, die Vernichtung von Religion sowie verschiedene Einzelschicksale.
Vita
Christian Werner, Fotojournalist und 1987 in Hannover geboren, lebt und arbeitet seit seinem Studium an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Hamburg, in Boitzum. Christian Werner ist äußerst engagiert und vielfältig in seinen Projekten und Arbeiten. Der Lohn dafür sind zahlreiche nationale und internationale Preise und Auszeichnungen. 2013 war er mit der Arbeit "Depleted Uranium" beim Felix Schoeller Photo Award in der Kategorie Fotojournalismus nominiert. Seine Werke wurden bereits in verschiedenen Ländern Asiens, Afrikas, Osteuropas und Südamerikas ausgestellt. Seit 2012 wird Christian Werner von der Agentur laif vertreten.
Preise
2015 Pictures of the Year international, Award of Excellence, POYi
2015 JGS Photography Contest, Forward Thinking Museum
2015 Hansel-Mieth-Preis Digital, Zeitenspiegel
2015 Coburger Medienpreis
2015 Axel-Springer-Preis
2015 American Photography 31 SELECTED
2014 Magnum Foundation Emergency Fund, Grantee, MFEF
2014 LensCulture 50 Emerging Talents, LensCulture
2014 CNN Journalist Award, winner, CNN Journalist Award
2014 Bronzemedaille px3, Prix de la Photographie Paris
2014 2. Platz UNICEF Picture of the Year
2013 Sieger PDN photo annual
2013 PIC Förderpreis
2013 Kindernothilfe Medienpreis
2013 Goldmedaille px3, Prix de la Photographie Paris
2013 Finalist Felix Schoeller Photo Award
2013 Fellowship 14, Commendation Award, Silver Eye Center for Photography
2013 Canon ProfiFoto Award 13/1
2013 Brennpunkt AWARD
2013 68th College Photographer of the Year, gold + bronze medal, CPOY
2013 2. Platz dpa news talent
2013 2. Platz American Aperture Awards
2012 Unicef Photo of the Year, Honorable Mention, Unicef
2012 3. Platz “BEST PORTFOLIO”, Freundeskreis des Hauses der Photographie e.V.
Jury Statement
Die Jesiden sind uns fremd und geheimnisvoll. Wir kannten sie nicht und auch nicht ihre Religion. Wir kennen sie erst, seit sie zu Opfern wurden, verteufelt durch den Islamischen Staat, der versucht, sie auszurotten. Durch diese Bilder bleiben die verfolgten Menschen nicht mehr abstrakt, sondern bekommen Gesicht, Körper, Gefühle. Und wir kommen ihnen sehr nahe. In seiner beeindruckenden SW-Reportage macht Christian Werner auf die aktuelle Lebenssituation der Jesiden und ihren Kampf ums Überleben aufmerksam. Seine stillen und bewegenden Bilder, der Umgang mit Licht und der SW-Fotografie und vor allem die Nähe zu den Menschen haben die Jury überzeugt.